Hans Zaremba über die örtliche SPD und einige ihrer Persönlichkeiten
In der nun 160 Jahre währenden Geschichte der deutschen Sozialdemokratie hat es auch in Lippstadt eine Fülle von Ereignissen gegeben, die in die Annalen eingegangen sind. Viele Beiträge aus der SPD-Historie in Lippstadt hat die SPD-Publikation Rote Lippe Rose intern in den Monatsheften veröffentlicht. Ebenso sind die Broschüren – wie „Jakob Koenen – der unvergessene Bürgermeister“ im November 2008 sowie „Jakob Koenen und der Sport“ im Dezember 2012 mit Betrachtungen über das Leben und Wirken des im Januar 1974 verstorbenen Lippstädter Ehrenbürgers erschienen. Darüber hinaus folgten die Publikationen „80 Jahre soziale Demokratie“ im November 2001 sowie „Lebendige Sozialdemokratie“ im März 2011. Im Frühjahr 2022 wurde das Schriftgut über die örtliche Sozialdemokratie durch das Buch „Wir wollen nur eine gerechte Sache“ aus der Feder des heimischen Historikers Dr. Wolfgang Maron ergänzt. In dem Werk erzählt der Verfasser die SPD-Geschichte in Lippstadt bis zum NS-Terror in 1933.
Vernichtete Aufzeichnungen
Infolge der Machtübernahme des NS-Regime im Januar 1933 mussten viele Aufzeichnungen über die Arbeiterbewegung und Sozialdemokratie an der Lippe vernichtet werden, um ihre Persönlichkeiten vor den Häschern aus der Gestapo (Geheime Staatspolizei) zu schützen. Ein Zeitzeuge aus jenen Jahren war der Gewerkschaftler und Sozialdemokrat Paul Schoppe (1882-1974), der nach 1945 bis zu seinem Ableben über diese Vorgänge verschiedentlich berichtet hat. Unterdessen haben sich in 2018 einige Personen gefunden, um die Materialien über die Sozialdemokratie nach 1945 bis in die Gegenwart aufzubereiten und sie in ein Buch zu bringen. Dabei wollen sie die Jahre von 1945 bis 1974, die im Wesentlichen durch die lange Amtszeit des volkstümlichen Sozialdemokraten Jakob Koenen als Bürgermeister bestimmt wurde, und die Zeit nach der kommunalen Gebietsneuordnung mit dem Verlust des Kreissitzes in Lippstadt von Anfang 1975 bis zur Kommunalwahl in 2025 dokumentieren.
Von Berni Alff bis Hermann Schuchtrup
Neben Jakob Koenen hinaus prägten nach 1945 in den 1960er Jahren bis zur Neuordnung der Region um Lippstadt am 1. Januar 1975 insbesondere Sozialdemokraten aus den örtlichen Gewerkschaften ihre Lippstädter Partei. Der starke gewerkschaftliche SPD-Flügel konnte auch im größeren Stadtgebiet bis in die 1990er Jahre seine politischen Impulse einbringen. Zu seinen führenden Köpfen zählten die einstigen Ratsmitglieder Berni Alff (1933-2017), Werner Franke (1928-2006), Franz Homberg (1924-1989), Elisabeth Langner (1925-1983), Engelbert Sander (1929-2004) und Hermann Schuchtrup (1928-1995). Zudem hatte Engelbert Sander als Mitglied in den Kreistagen von Lippstadt bis 1974 und später im neuen Kreis-Gebilde am Hellweg und an der Lippe sowie seinem Mandat im Bundestag in Bonn zeitweise zugleich in drei Volksvertretungen ein Rede- und Stimmrecht.
Von Jakob Koenen bis Marlies Stotz
Von 1953 bis 1969 gehörte für das Umland von Lippstadt aus der SPD Jakob Koenen dem deutschen Bundestag an. Ihm folgte von 1969 bis 1976 und von 1978 bis 1987 Engelbert Sander. Das dritte Lippstädter Bundestagsmitglied war Eike Hovermann, dem in 1998 als bisher einzigem heimischen SPD-Bundestagsbewerber der direkte Einzug in das noch in Bonn wirkende und im Jahr 1999 nach Berlin umgezogene Parlament gelang. Der Mann aus Overhagen war Bundestagsabgeordneter von 1995 bis 2009. Seit 2012 wird die Region von Lippstadt durch den in Soest wohnenden Wolfgang Hellmich im Bundestag vertreten. Die bislang für den Wahlbezirk Lippstadt tätigen SPD-Landtagsabgeordneten stammen aus Lippstadt. Nach dem Kurzzeit-MdL Horst Marin – für einige Tage im Frühjahr 1975 – waren dies von 1985 bis 1995 Karl-Heinz Brülle und schließlich von 2000 bis 2022 Marlies Stotz.
Elisabeth Kuppert und Klaus Helfmeier
Zur Aufzählung der Sozialdemokraten an der Lippe mit bedeutenden öffentlichen Funktionen gehören ebenso Elisabeth Kuppert (1923-2011) aus der Kernstadt und Klaus Helfmeier (1941-2012)aus Cappel. Die „Grande Dame“ der SPD, wie Elisabeth Kuppert häufig charakterisiert wurde, war bereits vor der Gebietsreform von 1975 im Kreistag Lippstadt, als noch wenige Frauen solche Mandate ausübten. Später war die pensionierte Lehrerin eine in vielen Bevölkerungsschichten geschätzte Vize-Landrätin, die ihr Ehrenamt mit großer Hingabe wahrnahm. Der einstige Ortsvorsteher aus dem Glennedorf, Klaus Helfmeier, wurde im November 1994 von der „gestalterischen Mehrheit“ aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Bürgergemeinschaft (BG) zum letzten ehrenamtlichen Bürgermeister gewählt. Durch eine Änderung der Gemeindeordnung und der BG-Aufkündigung des Bündnisses mit Roten und Grünen wurde der beruflich als Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt tätige Sozialdemokrat zum August 1997 aus dem eigentlich bis zum Ende der Ratsperiode in 1999 angelegten Bürgermeisteramt gekippt.