Hans Zaremba über den SPD-Bummel südlich der Bahnlinie
Wenn die Sozialdemokraten zu ihren traditionellen Spaziergängen mit Wolfgang Schulte Steinberg aufbrechen, dann ist in der Regel das Interesse groß. So auch beim jüngsten Bummel mit dem ehemaligen Ratsherrn, als am Tag vor Silvester ein „Gang zwischen den Jahren“ durch die südöstliche Kernstadt angesagt war. Mit über 60 Bürgerinnen und Bürger war erneut eine beachtliche Teilnahme zu vermerken.
Blick in die Josephs-Kirche
Fester Bestandteil der beliebten Wanderungen mit dem Heimatfreund aus dem Nicolaiweg ist jeweils ein Blick in eine der vielen Kirchen von Lippstadt. Dies verbindet der SPD-Stadtführer stets mit einem Abriss zur Geschichte der Gotteshäuser. Dazu hatte er diesmal die Josephskirche ausgewählt, deren Pfarrgemeinde in 2018 auf 100 Jahre ihres Bestehens zurückschauen konnte. In dem Bethaus wartete mit Norbert Wessel ein engagiertes Mitglied aus der Josephs-Pfarrei mit etlichen Informationen zu den baulichen Veränderungen des 1902 entstandenen Gebäudes und zur Chronik des kirchlichen Sprengels auf. „Der Kirchenbau wurde im Jahre 1902 fertig gestellt und dem Schutzpatron der ´St. Joseph` geweiht“, berichtete der Mann der katholischen Gemeinschaft aus einer in 2018 aufgelegten Festschrift. Danach erstreckt sich das Geschehen der Pfarrei von ihrer ursprünglichen Aufgabe als Filiale der Nicolaikirche über die Erhebung zur selbstständigen Gemeinde in 1918 bis zur heutigen Zugehörigkeit im katholischen Pastoralverbund von Lippstadt. Bemerkenswert ist der Umstand, dass vom Beginn der selbständigen Pfarrei Sankt Joseph für sie mit Johannes Wallmeyer (1872-1968), Heinrich Rüffer (1922-1992) und Gerd Reifer lediglich drei Pfarrer wirkten. Besondere Beachtung bei den Besucherinnen und Besuchern rief die mit eindrucksvollen Schnitzarbeiten von Theo Feldmann geschaffene Krippe hervor. Die Exkursion mit Wolfgang Schulte Steinberg führte von Sankt Joseph auf das vormalige Uniongelände, für das nach jahrelangen Verhandlungen kürzlich für die Fortführung der Südtangente eine Einigung zwischen der Stadt Lippstadt und dem bisherigen Eigentümer erzielt wurde. „Sicherlich ein Meilenstein für die Entwicklung von Lippstadt“, wie der frühere Vorsitzende des städtischen Planungs- und Gestaltungsausschusses zutreffend befand.
Exporte bis nach Japan
Mit seinen Worten betrachtete der Sozialdemokrat ebenso die städtebauliche Entstehung des Lippstädter Südens, „die durch die zunehmende Industrialisierung ab 1820 geprägt wurde“. Nach der Anbindung von Lippstadt an das Schienennetz der Eisenbahn habe sich um 1860 das erste größere eisenverarbeitende Werk in Lippstadt niedergelassen, welches später in die „Westfälische Union“ übergegangen sei. Bis 1900 konnte sich das Unternehmen mit der Produktion für Drahtwaren und Exporten bis nach Japan fortwährend erweitern und hatte zu diesem Zeitpunkt bereits 800 Beschäftigte. In der Folge wurde südlich der Bahnlinie ein großes Wohnviertel mit einer vorwiegend katholischen Arbeiterbevölkerung und der Kirche Sankt Joseph als deren Mittelpunkt errichtet. Zugleich entstanden im Süden eine Reihe von Wirtshäusern, von denen mit den Jahren immer mehr von der Bildfläche verschwanden. Unter anderem der Gasthof Hesse als beliebter Treffpunkt für das Vereinsleben im Lippstädter Süden, in dessen Räumlichkeiten heute den DPWV (Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband) seinen Anlaufpunkt hat. Zum Quartier im Süden Lippstadts zählt auch die 1987 unter Denkmalschutz gestellte Ebertstraße, in der ab 1900 kleinere Häuser mit einer ursprünglichen Wohnfläche von 60 Quadratmeter und Gartenparzellen erstellt wurden. In einem dieser kleinen Bauten leben gegenwärtig die beim SPD-Streifzug anwesenden Eheleute Gertrud und Heinfried Heitmann als vierte Generation ihrer Familie. Zum Abschluss der knapp zweistündigen und aufschlussreichen Fußreise kehrte die Gruppe in die im Siechenkamp gelegene kleine Kneipe „Zur Taube“ ein, um in gemütlicher Runde die gerade gewonnenen Eindrücke nochmals Revue passieren zu lassen. Zugleich erfolgten bei weihnachtlichen Gebäck, Kaffee und Gerstensaft bereits die ersten Ausblicke auf die kommenden Vorhaben zur Heimatkunde mit Wolfgang Schulte Steinberg im Sommer 2024.