Mai-Treffen mit neuem Format

Hans Zaremba über den Tag der Arbeit in Lippstadt

Standen vormals bei den Mai-Treffen der Gewerkschaften in Lippstadt prominente Redner – wie Eugen Drewermann, Hans Koschnick, Kevin Kühnert, Karl-Josef Laumann und Franz Müntefering – im Mittelpunkt, erprobte der DGB in diesem Jahr zum Tag der Arbeit ein verändertes Format. Dazu hatten die Gewerkschaften für eine Gesprächsrunde auf der Bühne auf dem Rathausplatz mit dem an der Lippe gut bekannten Fernseh- und Radiojournalisten Heinrich Buttermann einen versierten Moderator gewonnen.

Talkrunde auf dem Rathausplatz:
Von links Heinrich Buttermann, Kevin Veith, Roswitha Lauber, Berthold Hanebrink und Julia Schymik.
Foto: Karl-Heinz Tiemann

Talkrunde

Dem in Lippetal-Herzfeld aufgewachsenen langjährigen WDR-Mann oblag es, mit Berthold Hanebrink von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätte (NGG), Roswitha Lauber aus der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Julia Schymik für die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di) und Kevin Veith aus der Industriegewerkschaft Metall (IGM) einen Austausch über das aktuelle gewerkschaftliche Engagement zu führen. Ein Aspekt dieser Runde waren unter anderem die Ausbildungsplätze, die nach dem Metaller Kevin Veith zu spärlich vorhanden seien, was angesichts des allgemeinen Fachkräftemangels überraschte. Zudem meinte der junge Mann der IGM, dass sich die Auszubildenden und Betriebe nicht richtig finden würden. Für ihn wirke Corona immer noch nach. Sein Hinweis, wonach sich viele Schülerinnen und Schüler zwischen 15 und 17 Jahren im Unklaren seien, welchen Beruf sie ergreifen sollten, ist auch als Wink an die Berufsberatung in den Schulen zu verstehen. Das gilt gewiss ebenso für die Frage der Zukunftsfähigkeit mancher Berufsgruppen und den hohen Erwartungen etlicher Betriebe mit Blick auf ihre Auszubildenden. Von Roswitha Lauber wurde das trotz vieler Maßnahmen für die Gleichstellung der Geschlechter immer wieder beklagte Problem der Unterbezahlung von Frauen angesprochen, was von der GEW-Repräsentantin als „reine Diskriminierung“ bezeichnet wurde. Auch Julia Schymik von Ver.di schaute auf die Corona-Pandemie, die eine generelle Neubewertung von Berufen und Tätigkeiten aufgezeigt habe,

Meinungen

Was häufig bei Umgestaltungen traditioneller Veranstaltungen festzustellen ist, war gleichfalls beim 1. Mai in Lippstadt zu hören. Während eine Gruppe das gewählte Talkformat begrüßten, vermissten andere Besucherinnen und Besucher den Auftritt einer Rednerin oder eines Redners, um das DGB-Motto zum Tag der Arbeit in 2023 „Ungebrochen solidarisch“ deutlicher zu akzentuieren. Die vom Dachverband der Gewerkschaften ausgerufene Losung war vor dem Hintergrund von Energie- und Klimakrise, dem Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation und den bereits erwähnten Auswirkungen von Corona folgerichtig gewählt worden. Die Parole war auch in Lippstadt auf den Plakaten der unterschiedlichen Stände der Gewerkschaften und der politischen Parteien zu registrieren. Diskutiert wurde auf dem Rathausplatz das Verlangen der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi, dass die öffentliche Hand keine Aufträge mehr an Unternehmen vergeben dürfe, die ihre Beschäftigten nicht nach Tarif bezahlen. Für die von ihren Organisationen an den Infopunkten auf dem Platz vor dem Rathaus aufgebotenen Akteure „eine pure Selbstverständlichkeit“, wie dies ein Gewerkschaftler bekräftigte. Auf breite Ablehnung stießen bei den vor Ort vertretenen Gewerkschaften die Forderungen aus Teilen der Unionsparteien nach einer Einschränkung des Streikrechts in vermeintlich besonders wichtigen Branchen. „Wo beginnt eine solche Regelung und wo endet sie“, wollte ein Metaller am 1. Mai in Lippstadt wissen. Einmal mehr war in diesem Jahr das Mai-Treffen auf dem Rathausplatz durch ein angenehmes Wetter begünstig, was somit die durchaus gute Teilnahme auslöste. Dazu haben gleichfalls die von den Gewerkschaften offerierten Stände für das leibliche Wohl beigetragen.