Erinnerungen an Francisco Casado Perez (1957-2023)
Als am Freitagmorgen, 18. August, in Lippstadt die Nachricht vom plötzlichen Ableben von Francisco Casado Perez, besser als Paco bekannt, die Runde machte, waren viele seiner langjährigen Mitstreiterinnen und Mitstreiter in den Gewerkschaften und in der Sozialdemokratie geradezu geschockt. Sein Tod auf Teneriffa, wo sich Paco nach dem Eintritt ins Rentenalter viele Monate im Jahr aufhielt, kam für uns alle überraschend.
Politische Einheit
Paco zählte zu jenen Genossen, für den die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie stets eine politische Einheit bildeten. Durch die unterdessen verstorbenen hauptamtlichen Gewerkschaftler und einstigen Ersten Bevollmächtigen der IGM (Industriegewerkschaft Metall), Werner Franke (1928-2006) und Engelbert Sander (1929-2004), die in Lippstadt infolge ihrer gleichzeitigen Funktionen für die IGM und SPD die enge Verbindung von Gewerkschaft und Sozialdemokratie verkörperten, fand der 1981 aus Spanien an die Lippe gekommene junge Arbeiter den Zugang zur IGM. Über viele Jahre übte er für sie etliche Aufgaben als ihr Vertrauensmann aus. Der SPD war der am 26. Februar 1957 geborene Paco im August 1983 beigetreten. Für sie war er als Mitglied in den Vorständen des SPD-Ortsvereins und der Arbeitsgemeinschaft für Arbeit (AfA) eine feste Größe. Ebenso sah man Paco häufig als Delegierten auf den SPD-Parteitagen sowohl in Lippstadt als auch im heimischen Landkreis. Für die Sozis war er immer da, wenn sie seine Hilfe benötigten. Das war über die Tätigkeit in den Parteigremien hinaus vor allem sein Mittun an den Informationsständen in der Fußgängerzone und bei den frühmorgendlichen Verteilungen von Papieren vor den Lippstädter Werkstoren. Ebenso war er konstant zugegen, wenn größere Veranstaltungen – vom Kinderfest bis zum politischen Aschermittwoch – vorbereitet wurden.
Ausländerbeirat
Auf der politischen Bühne in Lippstadt trat Francisco Casado Perez im Herbst 1989 verstärkt in Erscheinung, als er zum ersten Vorsitzenden des zuvor in Urwahl ermittelten Ausländerbeirates gewählt wurde. Die Mitglieder dieses Gremiums für die besondere Wahrnehmung der Interessen der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, dessen Aufgabe gegenwärtig der Integrationsrat ausübt, waren am Tag der seinerzeitigen Kommunalwahl am Sonntag, 1. Oktober 1989, bestimmt worden. Wahlberechtigt waren im Herbst 1989 insgesamt 3.867 Frauen und Männer mit einem ausländischen Pass. Während es heute für die Wahlen der Integrationsräte gesetzliche Vorgaben gibt, erfolgten die Wahlen des Ausländerbeirates vor 34 Jahren noch aufgrund eines getroffenen Beschlusses des Stadtrates. Dem gingen in den 1980er Jahre größere und heftige Debatten im Rathaus voraus, in deren Verlauf die Sozialdemokraten gemeinsam mit den Grünen gegen erhebliche Vorbehalte der damaligen absoluten CDU-Stadtratsmehrheit die erforderliche Mehrheit für die erste Urwahl der dreizehn Frauen und Männer des Ausländerbeirates bewirken konnten.
Wahlrecht
Bei der konstituierenden Sitzung des Ausländerbeirates Mitte November 1989 konnte sich Paco unter den vier Kandidaten für den Vorsitz behaupten, als sechs Stimmen auf ihn fielen. In einer ersten Erklärung erinnerte Francisco Casado Perez an die kontroverse Diskussion, die der Einrichtung des Beirates vorausgegangen war. Nach „30 Jahren politischer Bedeutungslosigkeit“, so Paco im November 1989 nach einem Artikel in der heimischen Tageszeitung, seien die Ausländer einen Schritt vorangekommen, an deren Ende sie als selbstbewusste und engagierte Mitbürgerinnen und Mitbürger das politische Leben ihrer Wahlheimat mitbestimmen sollten. Zugleich erhob Paco nach seiner Wahl zum ersten Vorsitzenden des Ausländerbeirates in der Geschichte von Lippstadt die Forderung nach dem kommunalen Wahlrecht für Ausländer, was inzwischen für die in Deutschland lebenden Menschen aus den Staaten der Europäischen Union eine Selbstverständlichkeit ist.
Anerkennung
Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben ihrem Genossen Francisco Casado Perez durch sein selbstloses Engagement für die soziale Demokratie viel zu verdanken und ihm eine bleibende Anerkennung zu zollen. Sein früher Tod ist für die SPD und gewiss auch für die IGM ein großer Verlust. Sowohl seine Partei als auch die Metaller werden ihrem Paco ein ehrendes Gedenken bewahren. Unser Mitgefühl zu seinem Ableben gilt seiner Familie.
Hans Zaremba