Hans Zaremba über 60 Jahre Bundesliga – Teil I
Mit dem speziell für die Clubs aus Bochum, Dortmund und Gelsenkirchen bedeutenden 34. Spieltag endete am Samstag vor Pfingsten die 60. Saison der Bundesliga. Mit der auf sieben Teile angelegten Serie veröffentlicht „Lippstadt am Sonntag“ eine Chronik der letzten sechs Jahrzehnte des Oberhauses. Zum Auftakt mit einem Blick auf die Gründungs-Geschichte der Beletage des deutschen Fußballs und die vom damaligen Lippstädter Bürgermeister Jakob Koenen (SPD) in seiner Eigenschaft als Schatzmeister des DFB (Deutscher Fußball-Bund) ausgeübten Rolle. Vorab erfolgt bereits eine Übernahme im weltweiten Internet.
Wichtigste Reform
Mit dem späteren DFB-Präsidenten Hermann Neuberger (1919-1992) und demBundestrainer Sepp Herberger (1897-1977) gehörte Jakob Koenen (1907-1974) zu den einflussreichsten Protagonisten der wohl wichtigsten Reform im deutschen Fußball. Während in anderen europäischen Ländern schon vor dem Zweiten Weltkrieg nationale Ligen bestanden, gab es in der alten Bundesrepublik Deutschland in den fünf Oberligen (Nord, West, Süd, Südwest und Berlin-West) als höchste Spielklassegroße Leistungsunterschiede. Kritiker dieses überholten Systems – wie Sepp Herberger – sahen in ihm eine fehlende internationale Konkurrenzfähigkeit der oft zu wenig geforderten deutschen Fußballer. Eine Debatte, die sich durch das frühe Scheitern der DFB-Elf im Viertelfinale (0:1 gegen Jugoslawien) auf dem vom 30. Mai bis zum 17. Juni 1962 in Chile terminierten Weltturnier verschärfte. Fraglos eine Vorlage für die Bundesliga-Befürworter beim DFB-Bundestag am Samstag, 28. Juli 1962, im Goldsaal der Dortmunder Westfalenhalle. Das Resultat für die Bildung der neuen Fußball-Liga ab der Saison 1963/64 war mit 103 zu 26 Stimmen deutlich.
Westen contra Süden
Bis dato wollte der kraftvolle Fußball-Westen mit seinen Meistervereinen Rotweiß Essen (1955), Borussia Dortmund (1956 und 1957), FC Schalke 04 (1958) und 1. FC Köln (1962), schon länger den Spitzenfußball in einer gemeinsamen Klasse organisieren. Dagegen trat der nicht minderstarke Süden mit seinen führenden Clubs (FC Bayern München, TSV 1860 München, 1. FC Nürnberg, Eintracht Frankfurt und VfB Stuttgart) eher zurückhaltender auf. Der Norden hatte im Grunde mit dem Hamburger SV nur ein dominierendes Team, das in 16 Jahren immerhin 15 Mal den Nordtitel einsacken konnte und überdies in 1960 die deutsche Meisterschale holte. Werder Bremen, ebenso ein Bundesliga-Gründungsmitglied, nahm in der Oberliga Nord noch nicht die Stellung ein, der später mit den Hanseaten von der Weser verbunden werden sollte. Der Südwesten und die West-Berliner Stadtliga waren auf dem DFB-Bundestag eigentlich nur Beiwerk, sieht man vom wortgewandten Saarländer Hermann Neuberger ab. Das Pro und Contra zur Bundesliga dauerte über sieben Stunden. Aus der Mitte der Vereine gehörte der weitsichtige Präsident des 1. FC Köln, Franz Kremer (1905-1967), zu den entschiedensten Vorkämpfern für die Bundesliga. Sein Effzeh war auf den Beginn in der neuen Spielklasse am Samstag, 24. August 1963, und die erste Saison optimal vorbereitet. Darüber wird im Teil II der 60jährigen Chronik des Fußball-Oberhauses berichtet.
Spiegel und Kuba
Als sich der Fußball auf den Weg begab, von der „Kleinstaaterei“ zu einem großen Ganzen zu finden, bewegten andere Ereignisse die Politik in Deutschland und das Weltgeschehen. Dies war die mit dem „Spiegel“-Artikel am 10. Oktober 1962 „Bedingt abwehrbereit“ ausgelöste bundesweite Presseaffäre, die als behördlicher Versuch gewertet wurde, eine kritische Publikation zum Schweigen zu bringen. Am Ende musste der von der CSU gestellte Verteidigungsminister Franz Josef Strauß (1915-1988) seinen Hut nehmen. Riskant war für den Globus im Oktober 1962 die Konfrontation zwischen den USA und der Sowjetunion mit der Kubakrise. Bedachtes Gebaren im Washingtoner Oval Office und im Moskauer Kreml bewahrte die Menschheit vorm Atomkrieg, dessen Gefahren nur Wenigen bewusst waren.