Glücksfall für Lippstadt

Rückblick III auf den SPD-Aschermittwoch 2023 in Lippstadt

„Die Versorgung mit Plätzen für die Betreuung in den Kindertageseinrichtungen mit den Quoten für die über Dreijährigen (100 Prozent) und die unter Dreijährigen (43 Prozent und dem Ziel, diese Marke alsbald auf 50 zu erhöhen) ist ausreichend.“ Dies stellte der Vorsitzende des städtischen Jugendhilfe- und Sozialausschusses, Hans Zaremba, im Rahmen seiner Worte der kommunalen Jugend- Sozialpolitik heraus.

Lippstadt am Aschermittwoch, 22. Februar 2023, und die lokale Sozialpolitik:
Hans Zaremba(Mitte) in der Gesprächsrunde mit den Moderatoren Besima Duranovic und Franz Bußmann.  
Archiv-Foto: Adrian Tiemann

Beitragsstaffeln neu ausrichten

„Mit diesen Prozenten erfüllen wir in Lippstadt den Rechtsanspruch für den Besuch einer Kindertagesstätte vollends“, sagte der SPD-Sozialexperte im von Besima Duranovic und Franz Bußmann geführten Dialog. Klage äußerte er in Richtung Landeshauptstadt: „Weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb haben für die Kindertagesstätten und vergleichbare Einrichtungen eine generelle Beitragsfreiheit beschlossen, wie sie in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen schon seit Jahren üblich ist.“ Diese Kritik gelte ebenso für das jetzige schwarz-grüne Kabinett, das es bislang genauso versäumt habe, die überfälligen Signale für ein kostenloses Angebot in den Kindertagestätten zu vermelden. In seiner Haushaltssitzung am 13. Februar 2023 hat der Stadtrat auf Vorschlag von Hans Zaremba vereinbart, dass sich der Jugend- und Sozialausschuss der Stadt Lippstadt noch einmal mit einer Neugestaltung der für Lippstadt geltenden Beitragsstaffel befassen und dem Stadtparlament für seine Sitzung am 20. Juni 2023 einen veränderten Vorschlag unterbreiten möge. Damit könnte noch zum 1. August 2023 – mit dem Beginn des Kindergartenjahres 2023/24 – eine modifizierte Beitragsreglung in Kraft treten. Dazu wurde in der Sitzung des Jugendhilfe- und Sozialausschusses am 8. März 2023 eine Arbeitsgruppe mit Personen aus allen Fraktionen eingesetzt, die jetzt im Zusammenwirken mit der Fachverwaltung eine Empfehlung für den Juni-Sitzungslauf des Fachausschusses und des Stadtrates zu erstellen hat. Für die Sozialdemokratie wird Hans Zaremba in diesem Gremium mit dabei sein.

Beifall für hohen Einsatz

Durch den hohen Einsatz von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sowie einer gut funktionierenden Verwaltung sei es in Lippstadt, so der Sozialpolitiker, gelungen, die Herausforderung infolge der derzeit an der Lippe unterzubringenden und zu betreuenden Geflüchteten zu meistern. Zum Aschermittwoch 2023 waren knapp 900 Geflüchtete – davon 760 Menschen aus der vor Jahresfrist von der von Russland überfallenden Ukraine und 134 Asylbewerber aus anderen Ländern – in Lippstadt registriert. „Dafür gilt allen Kräften ein großes Dankeschön auszusprechen“, erklärte Hans Zaremba unter Beifall der zum „Fisch nach Karneval“ im Lokal im Südwesten versammelten Personen. Angesichts des brutalen und nicht absehbaren Endes des Krieges in der Ukraine werden diese enormen Anstrengungen nochmals zunehmen. „Eine Situation, die wir nicht nur in Lippstadt erleben, sondern in fast allen deutschen Kommunen.“ Mit dem inoffiziellen „runden Tisch“ habe man mit den örtlichen Wohlfahrtsorganisationen, politischen Repräsentanten sowie Vertretern der Ausländerbehörde und des Fachdienstes Soziales vieles unbürokratisch lösen können.

Großer Zulauf bei den Tafeln

Die deutschen Tafeln haben im Jahr 2022 nach Angaben ihres Bundesvorsitzenden Jochen Brühl im Schnitt einen etwa 50 Prozent größeren Zulauf gehabt als in 2021. Ein Resultat der schwierigen Lage vieler Menschen aufgrund von Inflation, Pandemie und Kriegsfolgen. „Aus unseren Gesprächen mit dem Verein `Keiner ist allein` wissen wir, dass diese Entwicklung auch in Lippstadt spürbar ist“, blickte der Vormann des Jugendhilfe- und Sozialausschusses auf die örtliche Situation. Als ersten Schritt, um das vorwiegend ehrenamtliche Engagement wertzuschätzen, habe die SPD im Zuge der Haushaltsdebatte beantragt, den ohnehin symbolischen Zuschuss für die `Kia` von bislang 1.200 Euro auf künftig 5.000 Euro zu erhöhen. „Doch die anderen Fraktionen – von der CDU über die FDP bis zu den Grünen – und auch der Bürgermeister waren nicht bereit, dieses Ansinnen mitzutragen“, äußerte sich Hans Zaremba zum beschämenden Bild der Ratsmehrheit und ihres Vorsitzenden zur ehrenamtlichen Arbeit in Lippstadt. Unabhängig davon werde die SPD für die Zeit bis zum Sommer durch mehrere Termine bei den Hilfeleistern in Lippstadt eine Bestandsaufnahme vornehmen, in welcher Form über die `Kia` hinaus auch andere Institutionen mit ihren Maßnahmen tätig sind und an welchen Stellen eine zusätzliche Unterstützung vonnöten ist.  

Richtungsweisender Beschluss

Am Montag, 30. Januar 2023, waren exakt 28 Jahre vergangen, als die „gestalterische Mehrheit“ aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und BG den richtungsweisenden Beschluss für die Einrichtung eines Stadtjugendamtes fasste. Vorangegangen war eine über 15-jährige Debatte mit fortlaufenden SPD-Anträgen gegen den massiven Widerstand von CDU und FDP sowie der Ex-Chefs im Stadthaus, Friedrich Wilhelm Herhaus (1927-2014) und Klaus Karl Kaster, für eine Abkoppelung der Jugendarbeit vom fernen Kreisjugendamt in Soest und die Übertragung in eine bürgernahe städtische Zuständigkeit. „Als absoluten Glücksfall für Lippstadt“ schilderte Hans Zaremba die Entwicklung der Jugend- und Sozialpolitik in Lippstadt seit dem Votum in 1995. Vieles, was heute die sozialpolitische Szene in Lippstadt bestimme, wäre ohne die Einrichtung eines eigenen Jugendamtes nicht vorstellbar. Dazu gehörten die geschaffenen Zentren „Mikado“ und „Treff am Park“ und viele andere Projekte von der Frühbetreuung junger Eltern über Schulsozialarbeit bis zur Seniorenpolitik.

Quellenangabe

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 23. März 2023, für die SPD-Publikation Rote Lippe Rose intern von Karl-Heinz Tiemann veröffentlicht.