Kurz und bündig: Die SPD

Die SPD ist mit ihrer über 150-jährigen Geschichte die älteste noch bestehende Partei Deutschlands. Als Milieu- und Klassenpartei der Arbeiterschaft blieb sie bis zum Ende des Kaiserreichs von der Beteiligung an der Staatsmacht ausgeschlossen. In der Weimarer Republik und in der Bundesrepublik war sie mehrfach an Regierungen beteiligt oder hat diese angeführt, ohne dabei eine länger anhaltende Vorrangstellung in den Parteiensystemen zu erringen.

Lippstadt am Samstag, 24. September 2016:
Der Historiker Professor Dr. Bernd Faulenbach (Bochum) bei seiner aufschlussreichen Rede anlässlich der Ausstellung zum 95jährigen Jubiläum des Lippstädter SPD-Ortsvereins in der Thomas-Valentin-Stadtbücherei.
Archiv-Foto: Fotoatelier Flashlight (Heiner Bergmann)

Geschichte

Programmatisch und ideologisch hielt die SPD bis zu ihrem Godesberger Programm 1959 am Marxismus fest. Über dessen Auslegung und praktische Konsequenzen herrschte Streit zwischen den revolutionären, auf Systemüberwindung setzenden Kräften und den Revisionisten, die die Lage der Arbeiterklasse durch schrittweise Reformen verbessern wollten. Aus der Abspaltung eines Großteils der radikalen Kräfte gegen Ende des Ersten Weltkriegs ging die spätere Kommunistische Partei Deutschlands hervor, die der 1918 begründeten parlamentarischen Demokratie feindlich gegenüberstand. Um Hitlers Aufstieg und Griff nach der Macht zu stoppen, waren die Sozialdemokraten in der Schlussphase der Weimarer Republik zu schwach.

Während es in Ostdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg zur Zwangsvereinigung der SPD mit den Kommunisten kam, blieb die SPD in der Bundesrepublik nach dem Verbot der dortigen KPD bis zu Beginn der 1980er-Jahre die einzige parlamentarisch bedeutsame Vertreterin des linken Lagers. Auch weil sie die von Adenauer verfolgte Politik der Westbindung ablehnte und ihre sozialistischen Positionen angesichts des Erfolgs der Sozialen Marktwirtschaft an Überzeugungskraft verloren, hatte sie der regierenden CDU/CSU lange Zeit wenig entgegenzusetzen. Erst mit dem Godesberger Programm leitete die SPD ab Ende der 1950er-Jahre ihre Öffnung zur Volkpartei ein. Von 1966 bis 1982 war sie dann 16 Jahre lang Regierungspartei, zunächst als kleinerer Partner der Union und seit 1969 unter den Kanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt in einer Koalition mit der FDP.

1972 gelang es der SPD auf der Bundesebene zum ersten Mal stärkste Partei zu werden. Der Erfolg war darauf zurückzuführen, dass sie neben ihrer traditionellen Klientel aus der Industriearbeiterschaft nun auch einen großen Teil der aufstiegsorientierten Mittelschichtenwähler für sich gewinnen konnte. Programmatisch setzte sie in der Wirtschaftspolitik (Keynesianismus), in der Ost- und Deutschlandpolitik und in der Gesellschaftspolitik Akzente. Nach dem Wahlsieg mehrten sich jedoch die Krisenzeichen. Anstelle weitgespannter Reformziele trat jetzt das Management der sich verschärfenden wirtschafts- und außenpolitischen Probleme, das mit dem Kanzlerwechsel von Brandt zu Schmidt auch personell Ausdruck fand. Dessen Rückhalt in der Partei litt darunter, dass sich die SPD an der Basis seit Ende der 1960er-Jahre durch den starken Zustrom neuer Mitglieder ideologisch nach links bewegt hatte. Seit Mitte der 1970er-Jahre formierte sich zudem eine neue außerparlamentarische Protestbewegung gegen die Atomenergie und Rüstungspolitik, die zur Entstehung der Grünen führte.

Die 1982 anbrechende Oppositionszeit der SPD wurde durch die deutsche Vereinigung 1990 unerwartet verlängert, die sie gegenüber den regierenden Christdemokraten programmatisch, strategisch und organisatorisch erneut ins Hintertreffen brachte. Umgekehrt hatte die Partei Glück, dass sie ihre 1998 errungene Regierungsmacht nicht schon 2002 wieder verlor. Die erste Amtsperiode von Rot-Grün war vor allem durch das Fehlen eines klaren Kurses in der Wirtschafts- und Sozialpolitik gekennzeichnet. Als sich Kanzler Gerhard Schröder 2003 mit den Hartz-Gesetzen und der Agenda 2010 auf ein marktliberal ausgerichtetes Reformprogramm verpflichtete, war die Partei darauf inhaltlich nicht vorbereitet.

Quellenangabe

Der vorstehende Beitrag beruht auf eine Veröffentlichung von Frank Decker für die Bundeszentrale für politische Bildung. Übertagen am 7. März 2023 von Hans Zaremba für diese Homepage.

Der Verfasser (Jahrgang 1964) des der Zeilen Kurz und bündig: SPD ist Politologe und Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.

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