Auf ins Parlament: Gegen alle Widerstände

Frauenfrühstück in Lippstadt zu 100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland

Am 19. Januar 1919 konnten bei der Wahl der Nationalversammlung zum ersten Mal in der deutschen Geschichte auch Frauen ihre Stimmen abgeben. Gewiss ein wichtiges, historisches Datum und Meilenstein der Frauenemanzipation. Anlass genug für die heimischen Abgeordneten im Europaparlament, Birgit Sippel (Neheim), und Landtag, Marlies Stotz (Lippstadt), ein Frauenfrühstück auszurichten. Zugegen war auch Dr. Claudia Becker aus dem Stadtarchiv. Sie schilderte vor den rund 50 Frauen, wie es vor 100 Jahren in Lippstadt aussah, als erstmalig elf Frauen für den Stadtrat kandidierten.

Lippstadt am Samstag, 19. Januar 2019 (I):
An diesem Tag nannte Dr. Claudia Becker (vorne) noch nicht die Namen der elf Frauen, die vor 100 Jahren – am 2. März 1919 – erstmals in Lippstadt für den Stadtrat kandidierten. Sie will sie erwähnen, wenn im März im „Alten Steinwerk“, Ort des Lippstädter Archivgutes, die Matinee „Frauen, die sich der Wahl gestellt haben“ stattfindet. Mit im Bild Birgit Sippel (Neheim), die im Mai zum vierten Mal für das Europaparlament kandidiert und ihm seit 2009 angehört.

Gelungene Veranstaltung

Gegenüber Rote Lippe Rose intern berichtete die örtliche Landes- und Kommunalpolitikerin Marlies Stotz über „eine gelungene Veranstaltung“, die viele Frauen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen und auch Einzelpersonen – von denen einige auch erstmals eine politische Zusammenkunft besucht hätten – angesprochen habe. So habe sie Vertreterinnen aus der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, dem Sozialverband VdK Lippstadt, Landfrauen aus dem Kreisgebiet, Arbeiterwohlfahrt, Kreissportbund, Gleichstellungsbeauftragte sowie Genossinnen aus der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in den Kreisen Soest und Hochsauerland begrüßen können. Da das Angebot, das die sozialdemokratischen Parlamentarierinnen zum historischen Datum präsentiert haben, eine große Resonanz bewirkte, überlege sie, so die Lippstädterin Marlies Stotz über den Vormittag mit dem Frauenfrühstück im „Fresco“ am Lippertor, es künftig zu einem aktuellen Thema – etwa ein bis zweimal im Jahr – zu wiederholen.

Einsatz muss weitergehen

In ihrer Begrüßung hatte Marlies Stotz hervorgehoben, dass sich sicherlich seit der ersten Wahl vor einhundert Jahren vieles in der Gleichstellung positiv entwickelt habe, aber das Ziel längst noch nicht erreicht sei. „Auch heute sind noch die meisten Spitzenpositionen in der Wirtschaft männlich besetzt, von den Lohnunterschieden ganz zu schweigen“, fügte die örtliche Gastgeberin hinzu. Zugleich beklagte sie den nicht ausreichenden Frauenanteil in den Versammlungen auf den politischen Ebenen. Bundestag: 30,9 Prozent, Landtag in Düsseldorf: 27,6 Prozent und landesweit in den Kommunalvertretungen: 25 Prozent (Lippstadt: 26 Prozent). Daher begrüße sie das von der Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz, Katharina Barley, geplante Paritätsgesetz. Für die Lippstädterin hat der Einsatz für die Frauenrechte weiterzugehen: „Denn kein modernes demokratisches Gemeinwesen kann es sich auf Dauer leisten, die Hälfte der Bevölkerung in politischen Entscheidungs- und Führungsämtern nicht angemessen zu beteiligen“.

Lippstadt am Samstag, 19. Januar 2019 (II):
Die Lippstädter Landes- und Kommunalpolitikerin Marlies Stotz (rechts) eröffnete gemeinsam mit der im Arnsberger Ortsteil Neheim lebenden Europaabgeordneten Birgit Sippel das Frauenfrühstück der Sozialdemokratie anlässlich des Erinnerungstages zur Einführung des Frauenwahlrechtes in Deutschland vor einhundert Jahren.
Archiv-Fotos (2): Monica Villalon

Nicht vom Himmel gefallen

Von Birgit Sippel wurde beim Lippstädter Frauenfrühstück daran erinnert, wie schwer es für die Frauen war, sich Anfang des 20. Jahrhunderts politisch zu engagieren. Und sie fügte hinzu: „Die Rechte, die wir haben, sind nicht vom Himmel gefallen.“ Übrigens: Es war die SPD-Politikerin Marie Juchacz, die am 19. Februar 1919 vor der Weimarer Nationalversammlung die erste Rede einer Frau in einem deutschen Parlament hielt.  Ende 1919 – am 13. Dezember 1919 – wurde unter Leitung der am 15. März 1879 als Tochter eines Zimmermanns geborene Frauenrechtlerin die Arbeiterwohlfahrt (AWO) gegründet.

Quellenangabe

Dieser Beitrag wurde am 15. Februar 2019 für die SPD-Publikation Rote Lippe Rose intern und das Internet von Angelika Zaremba veröffentlicht.