Zwei, die einander brauchen

Ausstellung über das Verhältnis von Gewerkschaften und Sozialdemokraten

„Die lange und gemeinsame Geschichte der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie hat offenbart, dass sie nicht von einander lassen können, weil sie einander brauchen.“ Diese Bewertung platzierte der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Hans Zaremba an den Beginn seiner Begrüßung, als am Freitag, 1. April, in der Thomas-Valentin-Stadtbücherei die Ausstellung „Uneins – aber einig?“ zur Geschichte der Sozialdemokratie und Gewerkschaften eröffnet wurde. Zu einem Grußwort war auch der Landesminister für Arbeit, Integration und Soziales, Guntram Schneider, in das schmucke Ambiente der städtischen Bibliothek gekommen. Überdies zählten der ehemalige Zweite Bevollmächtigte der Industriegewerkschaft Metall (IGM) in Lippstadt, Hans-Joachim Kühler, und Dr. Martin Gräfe von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) zu den Rednern der Eröffnung der Ausstellung, die zum 90jährigen Jubiläum des Ortsvereins der Sozialdemokraten in der Kernstadt vier Wochen zu anzuschauen war.

Lippstadt am Freitag, 1. April 2011:.
Der stellvertretende SPD-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hellmich und Landesminister Guntram Schneider in der Thomas-Valentin-Stadtbücherei.
Archiv-Foto: Sammlung Hans Zaremba

Gemeinsamkeiten

Der 1951 im heutigen Gütersloher Ortsteil Isselhorst geborene und seit Juli 2010 in Düsseldorf amtierende Landesminister Guntram Schneider betonte, dass er sich als „sozialdemokratischer Gewerkschaftler“ empfinde und sein Ziel darin bestehe, die Kräfte zusammenzuführen, „die die Gesellschaft sozial und gerecht gestalten wollen“. Zudem streifte der frühere DGB-Landeschef in seinem halbstündigen Vortrag auch die Entwicklung der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie. Weder seien die Gewerkschaften durch die Sozialdemokratie noch die SPD durch die Gewerkschaften gegründet worden. Damit unterscheide sich die Geschichte der beiden Organisationen in Deutschland von anderen Ländern, wobei er auf die engen Verbindungen der Labourpartei zu den Gewerkschaften in Großbritannien blickte.

Entfremdung

Zugleich erinnerte Guntram Schneider an die gemeinsamen Erlebnisse der Verfolgung der Gewerkschaften und Sozialdemokratie durch den Terror im Dritten Reich. Ebenso sparte er auch nicht die Phasen der Entfremdung während der rot-grünen Bundesregierung (Agenda 2010) und der großen Koalition (Rente mit 67) aus. Durch die Oppositionsrolle der SPD in Berlin habe man wieder zusammengefunden, erklärte der Minister vor den über 60 versammelten Zuhörerinnen und Zuhörern in der Kapelle der Stadtbücherei. Beide, SPD und DGB, ständen derzeit vor ähnlichen Herausforderungen: Regulierung des Arbeitsmarktes, soziale Gestaltung der Europäischen Union, die Verhinderung eines Auseinanderdriftens der Gesellschaft, das vermehrte Aufkommen von Branchengewerkschaften und die Bedrohung der Tarifeinheit.

Werner Franke und Engelbert Sander

Hans-Joachim Kühler und Hans Zaremba beschrieben die personelle Verzahnung der Gewerkschaften mit den Sozialdemokraten in Lippstadt von Mitte der 1950er Jahre bis spät in die 1980er Jahre, wofür insbesondere die Namen der unterdessen verstorbenen Ersten Bevollmächtigten IGM in Lippstadt, Werner Franke und Engelbert Sander, standen. Zwei Gewerkschaftler, denen auch Guntram Schneider als Jugendsekretär des DGB begegnet ist. Hans-Joachim Kühler betonte, dass für beide „Gewerkschaften und Sozialdemokratie immer eine Einheit gebildet haben“. Dies hätten sie auch durch die Übernahme von politischen Ämtern im Stadtrat, Kreistag und Bundestag offenbart. Hans Zaremba hob hervor, dass für etliche Sozialdemokraten seiner Generation (wie Karl-Heinz BrülleFranz Walter HenrichWolfgang Schulte Steinberg und seine Person) Werner Franke und Engelbert Sander die Lehrmeister in der Politik und den Möglichkeiten ihrer Durchsetzung waren. „Viel, was wir in unserer praktischen Arbeit im Rat unserer Stadt in den vergangenen 25 bis 30 Jahren anbringen konnten, haben wir von diesen verdienstvollen Männern der Arbeiterbewegung gelernt“, würdigte der SPD-Ortsvereinschef die Leistungen des langjährigen Duos an der IGM-Spitze in Lippstadt.

„Streitpunkte“ und Schulterschlüsse“

Eine Einführung in die auf 28 Tafeln der Präsentation dokumentierten „Streitpunkte“ und „Schulterschlüsse“ von Gewerkschaft und Sozialdemokratie nahm Dr. Martin Gräfe von der FES vor. Das Mannheimer Abkommen von 1906, das dieser Ausstellung zugrunde gelegt worden sei, markiere den Beginn einer gleichberechtigten Zusammenarbeit von Gewerkschafts- und Parteiführung in Deutschland, auf die sich August Bebel (SPD) und Carl Legien (Gewerkschaften) verständigt hätten. Hervorgegangen aus dem Parteiarchiv der SPD, sei das Archiv der sozialen Demokratie in der Friedrich-Ebert-Stiftung von vornherein darauf angelegt worden, nicht nur das Archiv der SPD und der sozialdemokratischen Spitzenpolitiker zu sein, sondern auch die Akten der Gewerkschaften und ihrer führenden Repräsentanten zu übernehmen.

Quellenangabe

Dieser Beitrag wurde in der am Mittwoch, 27. April 2011, erschienenen Ausgabe 5/2011 der SPD-Publikation Rote Lippe Rose intern von Hans Zaremba veröffentlicht.